Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs. Teil 2: Glanz und Elend

Niederösterreichische Landesausstellung 1987

Schloss Grafenegg

9. Mai bis 26. Oktober 1987

264.865 Besucherinnen und Besucher

Wissenschaftliche Ausstellungsleitung:
Harry Kühnel

Ausstellungsgestaltung:
Burkhardt Rukschcio

Grafik:
Irmgard Grillmayer

Bereits der erste Teil dieser Landesausstellung, die 1984 mit dem Untertitel „Von der Revolution zur Gründerzeit 1848–1880“ knapp 400.000 Besucher in das Schloss Grafenegg gelockt hatte, ließ die Faszination erkennen, die von dieser vielschichtigen und spannungsgeladenen Epoche der österreichischen Geschichte ausging.

Dies galt noch mehr für den Abschnitt von 1880 bis 1916, nahmen doch „die innen- wie außenpolitischen Ereignisse nahezu einen dramatischen Verlauf, lösten einander die dem Hause Habsburg zugefügten Schicksalsschläge mit dem Selbstmord des Kronprinzen, der Ermordung der Kaiserin Elisabeth in Genf und der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo ab“, erläuterte Ausstellungsleiter Harry Kühnel.

Trotz alledem herrschte damals in der Öffentlichkeit oft Euphorie über das Geleistete und über den Fortschritt in allen Bereichen von Wirtschaft, Technik, Kunst und Kultur. Voll Stolz schaute man auf die wissenschaftlichen Entdeckungen, ein Aufschwung war zu verspüren.

Stefan Zweig, Jahrgang 1881, schwärmte in seinen 1944 erschienenen Erinnerungen „Die Welt von Gestern“ vom Wachstum der Städte, von den breiten, prunkvollen Straßen, den machtvollen öffentlichen Bauten und den luxuriösen Geschäften: „Überall entstanden neue Theater, Bibliotheken, Museen; Bequemlichkeiten, die wie Badezimmer und Telephon vordem das Privileg enger Kreise gewesen, drangen ein in die kleinbürgerlichen Kreise, und von unten stieg, seit die Arbeitszeit verkürzt war, das Proletariat empor, Anteil wenigstens an den kleinen Freuden und Bequemlichkeiten des Lebens zu nehmen.“

Ein Bild von Franz Matsch (1861-1942): "Die deutschen Bundesfürste huldigen Kaiser Franz Joseph I. am 7. Mai 1908 in Schloss Schönbrunn."

Kurator Harry Kühnel war sich dessen bewusst, dass die Gestaltung dieser Landesausstellung eine große Herausforderung war: „Der gewaltige Umfang des Materials und der darzustellenden Themen und Probleme ließ keine andere Wahl, als durch Schwerpunktbildung und in straffer Form diesen faszinierenden Zeitabschnitt zu veranschaulichen, um solcherart ein Nachvollziehen durch das interessierte Publikum zu ermöglichen. Zwei Faktoren der Epoche, Charme und Flair, sollen hiebei nicht zu kurz kommen, aber auch die bedrückende Not und das Elend werden in angemessener Form berücksichtigt.“

Die Zeit um 1900 war in allen Teilen der Monarchie, mit unterschiedlicher Intensität, ein Zeitabschnitt der Gegensätze, ob ökonomischer, ethnischer oder religiöser Art. Fortschritt und Reaktion waren ebenso allgegenwärtig wie Aufbruch und Restauration, eine „kreative Grundlage für zahlreiche Neuerungsbewegungen ebenso wie statisches Verharren, und bei allem wirtschaftlichen Fortschritt viel Not und Elend“ (Kühnel).

Künstlerische, literarische und wissenschaftliche Bestrebungen und Tendenzen waren in der Monarchie in bisher nicht bekanntem Ausmaß gegeben, es war die große Zeit der Cafés als geistige Begegnungsstätte, ob in Wien, Budapest, Prag oder Krakau. Gleichzeitig war es aber auch jene Zeit, als Österreich-Ungarn als zweitgrößtes Land Europas nur einen Anteil von sechs Prozent an der europäischen Industrieproduktion hatte und als in der Haupt- und Residenzstadt Wien 80.000 Bettgeher lebten – Menschen, die bei Arbeiter- oder anderen einkommensschwachen Familien einen Schlafplatz vermietet erhielten.

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