Groteskes Barock

Niederösterreichische Landesausstellung 1975

Stift Altenburg

17. Mai bis 26. Oktober 1975

146.221 Besucherinnen und Besucher

Wissenschaftliche Leitung:
Rupert Feuchtmüller
Gerhard Winkler

Ausstellungsarchitektur:
Kurt Stögerer

Graphische Gestaltung:
Irmgard Grillmayer

Stift Altenburg war nach der Aufhebung während des Zweiten Weltkriegs und durch die Besetzung durch sowjetische Truppen „in einen nahezu hoffnungslosen Zustand geraten“ (Ausstellungsleiter Rupert Feuchtmüller). Doch bereits 1956 wurde in den Kaiserzimmern die Schau „Barocke Kunst aus Waldviertler Klöstern“ gezeigt, die Renovierung der Stiftskirche war abgeschlossen, vieles war aber noch unrestauriert.

Im Jahr 1963 folgte mit der Landesausstellung „Paul Troger und die österreichische Barockkunst“ die nächste große Schau, Bibliothek und Festsaal waren aus diesem Anlass restauriert worden.

Zwölf Jahre später, 1975, war Stift Altenburg bereits zum zweiten Mal Schauplatz einer Niederösterreichischen Landesausstellung. In fünfjähriger Arbeit gelang es dem Stift, die unter den Kaiserzimmern gelegene Sala terrena wieder in ihrem alten Glanz herzustellen. Abt Ambros Griebling freute sich über die gelungene Renovierung: „Wenn die Besucher der Landesausstellung ‚Groteskes Barock‘ diese Räume durchschreiten, wird niemand vermuten, daß hier einmal die Ökonomie ihr Abstell-Lager hatte, daß hier Säcke mit Kunstdünger aufgestapelt lagen und Gerstenschrot erzeugt wurde. Ein an grotesken Fresken uninteressiertes Jahrzehnt hatte die Räume obendrein noch übertüncht und nur hie und da guckte ein Puttengesicht oder das Auge eines Delphins hervor.“

Dieses Bild zeigt Entwürfe von Kostümfigurinen vom Ende des 17. Jahrhunderts. Sie weisen typische Elemente grotesker Barockkunst auf: verzerrte Gesichtszüge, Karikaturen von Idioten bis hin zu Teufeln, phantastische, übertriebene Kleidungsstücke wie etwa Schmalztöpfe, Fässer oder Verbände für Pestkranke.

Der Historiker und Baudirektor des Stifts, Pater Gregor Schweighofer, hatte das Ausstellungsthema vorgeschlagen. Dies geschah nicht nur, um den Abschluss der Restaurierungsarbeiten festlich zu begehen, sondern auch, weil in der Wiedergewinnung dieser Räume ein geistiger Auftrag lag: Zusammenhängen nachzugehen und diese zum Verständnis für einen weiteren Kreis von Kunstfreunden darzustellen.

Welche Bewandtnis hat es mit dem Grotesken, das in einem Kloster zunächst Befremden hervorruft? In der Landesausstellung 1975 ging es nicht nur um das Groteske, sondern „um ein geistiges Phänomen, das im Rahmen der gesamten Stiftsanlage zu behandeln ist; es geht um die barocke Welt, wie sie sich uns in der geistigen Anlage von Altenburg präsentiert. Es geht um die Welt, um den Tod und das ewige Leben, wobei es auffällt, daß die anderen Letzten Dinge, Gericht und Hölle, eigentlich nur da und dort, durch den Dekor mit Posaunen in der Krypta oder durch die Vision der Apokalypse in der Stiftskirche, anklingen“ (Rupert Feuchtmüller).

Diese Landesausstellung „Groteskes Barock“ wollte weniger belehren, sondern anhand der Gegenstände, durch Betrachtung ihrer Bildwelt, die knapp mehr als 146.000 Besucher zum Nachdenken anregen: über diese Welt und über den Menschen, der diese Bilder in sich erschuf und seine Schöpfungen der Wirklichkeit entgegenhielt.

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