Die Ausstellung „Biedermeier – Friedrich Gauermann und seine Zeit“ sollte zeigen, welchen bedeutenden Anteil Niederösterreich an der Entfaltung der Kunstepoche des Biedermeier hatte. Der eigentliche Anlass war die 100. Wiederkehr des Todestages von Friedrich Gauermann (geb. 1807 in Miesenbach, gest. 1862 in Wien) und von Leopold Kupelwieser (geb. 1796 in Piesting, gest. 1862 in Wien).

Da beide Maler im niederösterreichischen Alpenvorland geboren wurden, wählte man die Gutensteiner Gegend als Schauplatz der Landesausstellung. Um sie an den dafür vorgesehenen Orten zeigen zu können, mussten umfangreiche Vorbereitungsarbeiten durchgeführt werden: Das Servitenkloster auf dem Mariahilfberg befand sich in einem desolaten Bauzustand und musste gründlich renoviert werden. Das Geburtshaus Gauermanns in Miesenbach wurde frisch verputzt, und bei der Postl-Mühle entstand ein Neubau – bevor er seiner eigentlichen Bestimmung als Hotelpension zugeführt wurde, diente er als Ausstellungsgebäude.

Dieses Gemälde "Landschaft bei Miesenbach" entstand um 1830.

Vor der Eröffnung einer großen Ausstellung wird die Zeit manchmal knapp: Da alle Arbeitskräfte in Gutenstein wegen der Frühjahrsarbeiten im Forst unabkömmlich waren, brachte man Häftlinge aus dem Kreisgefängnis von Wiener Neustadt zum Arbeitseinsatz auf den Mariahilfberg, um das Kloster rechtzeitig auf Glanz zu bringen.

Ein Großteil der mehr als tausend Exponate, die bei der Landesausstellung zu sehen waren, stammte aus Privatbesitz. Der Gesamtwert wurde auf über zehn Millionen Schilling (umgerechnet etwa 727.000 Euro) geschätzt. „Die Kunst Jakob und Friedrich Gauermanns, das Schaffen Leopold Kupelwiesers mögen dem Besucher eine Epoche nahebringen, die man mit Recht als ein goldenes Zeitalter österreichischer Kunst bezeichnet“, schrieb Ausstellungsgestalter Rupert Feuchtmüller.

Im Gauermann-Geburtshaus in Miesenbach-Scheuchenstein, in dem sich schon seit 1953 eine Gedächtnisstätte befand, wurden Erinnerungsstücke aus dem Besitz der Familie sowie Bilder mit Miesenbacher Motiven und Frühwerke des Malers gezeigt. Im Ausstellungsgebäude neben der Postl-Mühle erhielten die Besucher Informationen über die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Schneeberggebiets.

Das Servitenkloster auf dem Mariahilfberg enthielt den Hauptteil der Landesausstellung. Die Geschichte Österreichs in der Vormärzzeit wurde ebenso gezeigt wie der politische und geistige Hintergrund des Biedermeiers. Die Besucher wurden über das Theater zur Zeit Raimunds und Nestroys informiert sowie über die Musik jener Zeit. Viele Exponate zeigten Einblicke in Handwerk, Kunstgewerbe, Wohnkultur und Religiosität. Ein großer Teil war natürlich auch den Zeitgenossen Gauermanns gewidmet, seinen Lehrern, Freunden und Künstlerkollegen.

Leopold Figl, Landeshauptmann von Niederösterreich, dankte allen, die zum Zustandekommen der Biedermeierausstellung beitrugen, und in seinem Katalogvorwort kann man zwischen den Zeilen die Gedanken des Außenministers des Staatsvertragsjahres 1955 spüren: „Sie helfen mit, daß Niederösterreich bei den österreichischen Landsleuten, aber auch im Ausland, neue Freunde und Bewunderer findet, daß man erkennt, daß dieses Land, obwohl es um seinen wirtschaftlichen Wiederaufstieg ringen muß, nicht vergißt, daß Wohlstand ohne inneren Gehalt, daß Fortschritt ohne Tradition und kulturelle Bindung wertlos sind.“

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